Die ersten 100 Tage im Job erfolgreich meistern

Tipps vom Lawyer-Coach Falk Schornstheimer

SchornstheimerDie Jobsuche war endlich erfolgreich. Nun naht der erste Arbeitstag und damit auch die Spannung vor dem Unbekannten: Wie sind die neuen Kollegen? Wie sieht mein Arbeitsalltag aus? Werde ich alle an mich herangetragenen Aufgaben meistern? Viele Fragen, die schnell verunsichern können. Um die ersten 100 Tage im Job nicht nur zu überleben, sondern sie aktiv zu gestalten, haben wir mit Lawyer-Coach Falk Schornstheimer gesprochen. Nützliche Antworten auf wichtige Fragen bringen einen sicher durch die ersten Wochen am neuen Arbeitsplatz.

 


 

Der erste Tag: Was gibt es hier zu beachten?

Der erste Tag wird schnell zum Vorstellungsmarathon. Um in diesen kurzen Gesprächen mit den neuen Kollegen nicht zu langweilen und selber gelangweilt zu werden, sollte man sich ein paar Worte zurechtlegen, die über die üblichen Small-Talk-Floskeln hinausgehen. Oft wird man auch mit einem noch nicht vollständig eingerichteten Arbeitsplatz konfrontiert. Hier hilft ein wenig Improvisationstalent. Man kann sich zum Beispiel im Vorfeld überlegen, welche Vorbereitungen und Vorarbeiten in den ersten Tagen erledigt werden könnten – etwa alle wichtigen Personen mit den neuen Kontaktdaten zu versorgen.

 

Muss ich in der ersten Zeit versuchen, unbedingt länger als die Kollegen im Büro zu bleiben, um Ehrgeiz und Disziplin zu beweisen?

So klingt es etwas streberhaft. Allerdings ist es schon gut, wenn man in den ersten Tagen nicht nach dem Motto „Meine Arbeit ist getan, ich gehe jetzt“ verfährt. Sinnvoll ist daher, Kollegen aktiv Hilfe anzubieten oder die am Anfang oft noch etwas ruhigere Zeit zu nutzen, um sich mit den Strukturen und der Organisation der Kanzlei vertraut zu machen. Denn ist man erst einmal richtig ausgelastet, bleibt für solche Dinge meist keine Zeit mehr.

 

Socialising ist sicherlich in den ersten Tagen ein wichtiger Punkt: Wie sollte ich mich gegenüber Kollegen verhalten? Ist es wichtig, jeden Tag mit jemand anderem zum Mittagessen zu gehen oder sollte ich versuchen, mich in eine Gruppe zu integrieren?

Als Neuer oder Neue ist man natürlich dankbar, wenn man schnell Anschluss findet, zum Beispiel in Form einer festen Mittagsgruppe. Man sollte aber gerade zu Anfang versuchen, sich nicht direkt bequem in einem derartigen Mikrokosmos einzurichten, sondern möglichst viele Kollegen kennenzulernen. Hier gilt für den Einstieg „raus aus der sozialen Komfortzone“, um sich einen guten Überblick zu verschaffen.

 

Ist es ebenfalls wichtig, auch mit Partnern oder Managing Associates den näheren Kontakt zu suchen?

Ja, das ist durchaus wichtig und in vielen Kanzleien zum Beispiel in Form von Lunch Meetings institutionalisiert. In der Regel fragen aber die „alten Hasen“ die „Newcomer“ und nicht umgekehrt. Hier kann man also ruhig darauf warten, dass der Partner oder Managing Associate auf einen zukommt.

 

Darf ich gleichaltrige Kollegen direkt duzen?

Hier sollte man zunächst genau hinschauen und sich mit den Usancen in der Kanzlei vertraut machen. Im Zweifel ist es völlig in Ordnung zu fragen: „Du oder Sie?“ Von einem kumpelhaften Ansatz ist aber eher abzuraten. Grundsätzlich gilt: Lieber erst einmal Siezen und später auf ein Duzen übergehen.

 

Wie privat darf ich in der ersten Zeit gegenüber meinen neuen Kollegen werden? Gehören private Probleme in die täglichen Gespräche?

Große private Vertrautheit gehört sicher nicht an den Anfang der Beziehung zu den neuen Kollegen. Hier gilt es abzuwarten und nicht mit der Tür ins Haus zu fallen.

 

Ist auch ein Feierabendbier zusammen mit neuen Kollegen wichtig? Darf ich dies dann selber ansprechen oder sollte ich auf eine Einladung der neuen Kollegen warten?

Auch hier gilt es genau zu beobachten und mit Sensibilität vorzugehen. Es ist sicher unpassend, wenn ein junger Anwalt gleich am ersten Tag die Sekretärin seines Partners oder den Partner selbst auf einen Drink einlädt. Wenn man dagegen auf die Kollegen zugeht, die in etwa gleichzeitig mit einem selbst angefangen haben, kann man wenig falsch machen.

 

Wie verhalte ich mich, wenn eine Aufgabe an mich herangetragen wird und ich nicht genau weiß, wie ich diese lösen soll? Darf ich zugeben, dass ich nicht allein zurechtkomme?

Man sollte unbedingt nachfragen, wenn man bei der Bearbeitung einer Aufgabe unsicher ist. Es ist überhaupt kein Problem, wenn man nicht sofort alles weiß. Von einem Berufseinsteiger wird ein gutes fachliches Rüstzeug erwartet, keine Wunderdinge. Sehenden Auges ins Chaos zu segeln, um dann kurz vor der Deadline ein unzureichendes Ergebnis abzugeben, wird dagegen kritisch bewertet. Zudem sollte man es sich zum Vorsatz machen, Fragen nur einmal zu stellen. Also besser immer gleich mitschreiben als später nachhaken zu müssen.

 

Inwieweit sollte ich eigeninitiativ unterwegs sein? Wie oft sollte ich auf die Kollegen/Partner zugehen und um Arbeit bitten? Oder macht dies eher den Eindruck, dass ich meine Arbeit nicht gründlich genug erledige?

Eigeninitiative ist Gold wert. Anstatt passiv zu warten, sollte man sich um herausfordernde Aufgaben bemühen. Das gleiche gilt übrigens auch für das Einholen von Feedback. Man kann durchaus bereits nach 14 Tagen um ein erstes Feedback vom Partner bitten. Das muss dann kein formelles Meeting sein. Oft reicht ein fünfminütiges Gespräch, um einen Hinweis zu bekommen, ob man auf einem guten Weg ist. In den ersten 100 Tagen sollten Sie zumindest zweimal um ein Feedback bitten.

 

Wie sollte ich mich verhalten, wenn ich mich innerhalb der ersten Zeit mal nicht so wohl fühle? Ist es dann eher angebracht, krank am Arbeitsplatz zu erscheinen oder sollte ich mich krank melden?

Krank ist krank. Insbesondere bei infektiösen Krankheiten richtet falscher Ehrgeiz oft mehr Schaden als Nutzen an – für die eigene Gesundheit und auch die der Kollegen. Man sollte aber unbedingt vermeiden, als derjenige bekannt zu werden, der jedes Kopfweh oder jedes Unwohlsein gleich mit einem Krankenschein anstatt einer Kopfschmerztablette behandelt.

 

Darf ich in den ersten 100 Tagen schon Urlaub nehmen?

Nein, nur in absoluten Notfällen.

 

Gibt es irgendwelche absoluten No-Gos, die es in den ersten 100 Tagen im Job unbedingt zu vermeiden gilt?

Man sollte in den ersten Tagen möglichst deutlich zeigen, dass man voll dabei und zuverlässig ist. Da hilft es sicher nicht, durch zu viele Befindlichkeiten aufzufallen. Auch wenn man beispielsweise einen komplizierten Anfahrtsweg hat, sollte man nicht ganz selbstverständlich morgens einfach 15 Minuten später im Büro erscheinen als die Kollegen. Wenn man sich nach einiger Zeit einen gewissen Status erarbeitet hat, kann man über individuelle Wünsche und Bedürfnisse sprechen. Vieles wird sich dabei mit der Zeit und ganz automatisch einpendeln. Und sollte einem doch etwas nicht passen, ist der direkte Weg zum Partner immer besser als Rumstänkern im Kollegenkreis. Das kann über den Flurfunk nämlich schnell zum Bumerang werden.

 

 

Unser Experte

Falk Schornstheimer ist ausgebildeter Coach und beruflich seit 1997 im juristischen Umfeld tätig. Seine langjährige Erfahrung als leitender Redakteur des Juve-Verlags sowie als Human Resources-Manager in führenden Wirtschaftskanzleien bietet ihm die nötige Expertise um seit 2010 unter der Marke Lawyer Coaching Kanzleien, Unternehmen und Einzelpersonen zu beraten.

 

 

Zurück zur Übersicht